Viele Unternehmen suchen dringend Fachkräfte, auch der Staat. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey fehlen allein im öffentlichen Dienst aktuell rund 360.000 Fachkräfte. In naher Zukunft werden sich darüber hinaus die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge vom Arbeitsmarkt zurückziehen, was die Personalsituation weiter verschlechtern wird.
Prognose für 2030: 860.000. Ob und wie Künstliche Intelligenz (KI) als Lösung zur Bewältigung des Personalmangels eingesetzt werden kann, erklärt Prof. Dr. Hendrik Müller, Wirtschaftsethiker an der Hochschule Fresenius. Ob in Schulen, Ämtern oder bei der Polizei: Bürger:innen und Unternehmen merken schon heute die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst. Die Folge: Die Arbeit bleibt liegen. Bürger:innen warten auf die Verlängerung ihrer Personalausweise, Unterrichtsstunden in der Schule fallen aus oder Genehmigungen für Unternehmen werden nicht ausgestellt. Prof. Dr. Hendrik Müller sieht gute Chancen, mithilfe des Einsatzes von KI dies zu ändern. „Neue Entwicklungen auf dem Gebiet der KI können dazu beitragen, die Effizienz zu steigern, Ressourcen besser zu nutzen und die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern“, erklärt Müller. So könne KI im Verwaltungsbereich beispielsweise bei standardisierten Aufgaben, die viel Zeit kosten, bei der Personalauswahl oder bei der Durchsicht und Analyse von Akten eingesetzt werden. Dadurch hätten qualifizierte Fachkräfte mehr Zeit für komplexe Entscheidungen oder den direkten Austausch mit Bürger:innen. Für die Bürger:innen bedeute dies: Zeitersparnis und weniger lästige Behördengänge. „In einigen Ländern ist die Digitalisierung der Verwaltung viel weiter fortgeschritten. An erster Stelle ist hier Estland zu nennen. Dort können 99 Prozent aller Verwaltungsvorgänge online erledigt werden“, so der Wirtschaftsethiker. Aber auch Dänemark gehört inzwischen zu den Vorreitern der digitalen Verwaltung. Er empfiehlt, nicht auf eine nationale Strategie in Deutschland zu warten. Es gäbe mittlerweile genügend Gutachten wie zum Beispiel von der Datenethikkommission oder dem Deutschen Ethikrat. Dieser habe im März 2023 dazu geraten, beim Einsatz von KI in der Verwaltung maschinelle Empfehlungen nicht blind zu befolgen und vor Diskriminierungen zu schützen. Betroffene müssten wie bisher ein Recht auf Einsicht und Einspruch haben. Einige deutsche Städte haben bereits erfolgreich KI-Systeme zur Unterstützung von Behördenaufgaben eingesetzt: So verwende Ludwigsburg einen Serviceroboter und die Karlsruher Verwaltung sei komplett digitalisiert. Solche Ansätze sollten als Vorbild dienen und vervielfältigt werden. Letztendlich könne dies zu einer effizienteren, transparenteren und bürgerorientierten Verwaltung beitragen. (Text: Hochschule Fresenius)