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Die Rückkehr der Hausmeister

Foto: Kristin Bethge/dpa

Der Montag ist für Jens Krüger oft für die Tonne. «Wochenende ist Ikea-Zeit, Montag geht es dann los», sagt Krüger, Hausmeister in Berlin-Prenzlauer Berg. Dann stehen ausrangierte Möbel, wo sie nicht hingehören: an den Eingängen der Wohnblöcke, an den Müllplätzen dazwischen. «Man hat da schon zu tun, weil die Leute sehr bequem und unvernünftig sind.» Krüger stopft Pappe in einen Müllcontainer und passiert an der Gittertür vor dem Müllplatz eine ältere Mieterin mit Chihuahua. «Sie schließen dann wieder ab, ja?»

Hausmeister - das klingt wie letztes Jahrhundert. Und in gewisser Weise kehren viele Wohnungsunternehmen gerade dorthin zurück. Jahrelang hatten sie Hausmeister wegrationalisiert, outgesourct. Nun werden sie wieder eingestellt. Denn den Mietern fehlte etwas: jemand, der regelmäßig nach dem Rechten sieht. Bei Krüger läuft das klar nach Plan, jeden Tag. Die Gubitzstraße entlang, weiter über Sodke-, Trachtenbrodt- und Sültstraße - das ist sein Revier. 750 Wohnungen in beigen Wohnblöcken aus den 20er Jahren, eine Bauhaus-inspirierte Siedlung der Berliner Moderne mit roten, gelben und blauen Fensterrahmen. Seit zehn Jahren ist sie Unesco-Weltkulturerbe. In jedem Aufgang schaut der Hausmeister einmal pro Woche vorbei, steigt in Sicherheitsschuhen das ockergetünchte Treppenhaus empor, schlendert auf dem niedrigen Dachboden vorbei an Wäscheständern, um im nächsten Treppenhaus wieder abzusteigen. Ein Blick auf den Boden unter den Heizungsrohren: «Keine Pfützen, alles dicht.» Was zu tun ist, ergibt sich ad hoc: Licht im Hausflur ersetzen, Türschließer einstellen, Schlösser austauschen. «Was er selber machen kann, macht er selber», sagt Krüger über Krüger, der mal Installateur gelernt hat. Ist Größeres zu reparieren, zieht der 55-Jährige aus der Seitentasche seiner dunklen Arbeitshose ein Tablet, tippt sich mit dem Gummistift durch ein Menü und meldet den Schaden einer Firma. Die einst landeseigenen Häuser gehören heute der Deutschen Wohnen, dem mit 160 000 Wohnungen zweitgrößten Anbieter in Deutschland. 100 000 davon liegen in Berlin, was das börsennotierte Unternehmen zum größten Vermieter der Hauptstadt macht - und zum Ziel von Kritik in dem angespannten Wohnungsmarkt. Immer wieder wird der Konzern wegen Mieterhöhungen angegriffen. Auch mit seinem juristischen Kampf gegen den Mietspiegel macht er sich wenig Freunde in den Häusern. Einem Mieterwunsch jedoch kommt die Deutsche Wohnen nach: Seit dem vorletzten Jahr baut das Unternehmen den eigenen Hausmeister-Service wieder aus. 180 Kollegen wurden schon eingestellt. Ende dieses Jahres sollen alle Wohnanlagen wieder eigene Hausmeister haben. «Die Mieter haben gesagt: Wir wollen unsere Hausmeister wieder», berichtet Firmensprecher Marko Rosteck. Eine Umfrage unter den Bewohnern habe ergeben: Die Ursache für Ärger liege fast immer vor Ort - vom Sperrmüll bis zur klemmenden Tür. Die Konzerntochter Facilita sorgt deshalb für die Rückkehr der Hausmeister. Das ist nicht nur in Berlin so. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sieht einen bundesweiten Trend. «Viele Unternehmen sagen: Es ist für uns wichtig, zu hören, was im Quartier passiert», erklärt Sprecherin Katharina Burkardt. «Der Hausmeister wird für sie wieder ein bisschen zum Sensor.» Zwar steige im Einzelfall nicht notwendigerweise die Zahl der Hausmeister, jedoch sei das eigene Personal öfter vor Ort als Kollegen von Fremdfirmen. Jeder fünfte Mieter wisse nicht einmal, ob es in seinem Gebäude einen Hausmeister gibt, kam vor einiger Zeit bei einer Befragung der TAG Immobilien AG - sechstgrößter Vermieter in Deutschland - heraus. Die große Mehrheit wolle demnach, dass die Häuser besser instand gehalten und Mängel schneller beseitigt werden. Immobilienexperten verweisen seit längerem darauf, dass zufriedene Mieter der Verwaltung weniger Scherereien machen und seltener umziehen - was Kosten vermeidet. Die TAG mit ihren mehr als 80 000 Wohnungen hat Mieterbüros als Anlaufstellen eingerichtet und die Zahl der Hausmeister aufgestockt - zunehmend mit eigenem Personal, weil das die Kosten senke. Auch kommunale Vermieter wie etwa die Berliner Gesobau verkündeten schon die Rückkehr der Hausmeister. Die Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft führte gar den «sozialen Hausmeister» als Vertrauensperson und Helfer ein, ein Pilotprojekt mit Förderung vom Land Sachsen. So weit geht es bei Jens Krüger im Prenzlauer Berg nicht, auch wenn er viel von seinen Mietern zu erzählen weiß. Sachen wie die mit der Hauseingangstür, die ab 22.00 Uhr zu verriegeln ist. «Die Älteren, die DDR-Mieter die schließen schon ab. Aber die Jüngeren - die treten die Tür ein, weil sie das Schlüsselloch nicht finden.» Ihm begegneten die Leute aber positiv, sagt Krüger. «Der größte Teil ist vernünftig, denen tust Du einen Gefallen.» (dpa)