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Missstände bei Mindestlohn und Befristungen

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst sich in diesem Jahr mit Prämienzahlungen an Streikbrecher, dem Arbeitskampf der Gewerkschaft Verdi beim Handelsriesen Amazon und Streitfällen beim Mindestlohn.

Es sei ein betrüblicher Befund, wenn einer Studie zufolge 2,7 Millionen Arbeitnehmern der Mindestlohn allein im Jahr 2016 vorenthalten worden sei, sagte BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt Ende Februar bei der Vorlage der Jahresbilanz des Gerichts in Erfurt. Sie sprach von Missständen bei der Einhaltung des Mindestlohngesetzes und plädierte für eine gesetzliche Missbrauchskontrolle bei befristeten Verträgen. Defizite beim Mindestlohn, der derzeit bei 8,84 Euro pro Stunde liegt, gebe es der Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge vor allem in Firmen ohne Betriebsrat. «Das ist ein deutliches Signal, dass sich die Wahl eines Betriesrats lohnt», so die höchste deutsche Arbeitsrichterin. Beim Massenphänomen befristeter Arbeitsverträge überlasse die Politik die Missbrauchskontrolle derzeit der Rechtssprechung, konstatierte Schmidt. «Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich der Gesetzgeber durchringt, Regelungen zu treffen, die den Missbrauch von Befristungen verhindern.» Problematisch seien Kettenbefristungen oder die Kombination befristeter Verträge und sachgrundloser Befristungen. Dadurch könnten Arbeitnehmer über viele Jahre hingehalten werden. «Wir brauchen eine Klarstellung, wann es Missbrauch ist.» Union und SPD hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund künftig auf 18 Monate zu begrenzen. Derzeit sind es 24 Monate. Zudem sollen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch höchstens 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Bisher fehlt eine solche Grenze. Das BAG beschäftige sich in diesem Jahr auch mit der Frage, ob Arbeitgeber Urlaub anordnen können, wenn der Arbeitnehmer keinen Antrag stellt oder der Vererbbarkeit eines Urlaubsanspruchs. Im Fall der Streikbrecherprämie gehe es um täglich 100 Euro, die ein Handelsunternehmen Arbeitnehmern gezahlt hatte, die arbeiteten statt sich am Arbeitskampf zu beteiligen. Erneut geht es in Erfurt auch um das kirchliche Arbeitsrecht. Dem Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf war gekündigt worden, nachdem er nach einer Scheidung zum zweiten Mal heiratete. Den Fall hatten die Arbeitsrichter auch dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. 2017 gingen beim Bundesarbeitsgericht 2032 Fälle ein. Das waren rund 14 Prozent weniger als 2016. Erledigt wurden 2429 Fälle. (dpa)