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Frauen dürfen seltener ins Home-Office wechseln

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In der Mittagspause schnell zum Joggen oder zwischendurch das kranke Familienmitglied pflegen - das Homeoffice kann für Beschäftigte viele Vorteile haben. Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gibt es einer Studie zufolge aber auch hier nicht. In einer Umfrage hatten 22 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen angegeben, dass sie - obwohl es technisch möglich wäre - nicht von zu Hause arbeiten dürfen, wie es in einer Auswertung der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung heißt. Bei den männlichen Beschäftigten trafen nur 12 Prozent diese Aussage.

Bei der Befragung waren Mehrfachantworten möglich. Knapp 78 Prozent der Beschäftigten gaben an, dass ihr Job nicht zum Homeoffice passe (82 Prozent der Männer, 65 Prozent der Frauen). Das ist damit der am häufigsten genannte Grund für einen Verzicht aufs Arbeiten von zu Hause. Rund 69 Prozent der Befragten gingen davon aus, dass die eigene Anwesenheit dem Chef wichtig sei. Karrierenachteile durchs Homeoffice befürchteten knapp 6 Prozent der Arbeitnehmer. Warum Frauen seltener von zu Hause arbeiten dürfen, beantwortet die am Donnerstag vorgestellte Studie nicht. Allerdings seien frühere Arbeiten der Frage nachgegangen, sagte Studienautorin Yvonne Lott: «Frauen wird es weniger zugetraut, von zu Hause zu arbeiten.» Vorgesetzte hätten dann oft das Bild von der Frau vor dem Laptop mit dem Kind auf dem Schoß im Kopf. Zudem sei Arbeiten im Homeoffice eher in höheren Unternehmenspositionen möglich. Dort arbeiten aber überdurchschnittlich viele Männer. Das Homeoffice ist für Lott ein gutes «Vereinbarkeitsinstrument» von Beruf und Familie. Es spare zudem die teils langen Pendelzeiten, die Beschäftigten seien zufriedener und leistungsfähiger. Beschäftigte, die gerne von zu Hause arbeiten würden, sollten also möglichst Rückendeckung vom Gesetzgeber bekämen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwägt die Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf das Homeoffice. Gegenwind kommt von Seiten der Arbeitgeber. Ob mobiles Arbeiten etwas tauge, hänge vom Unternehmen und vom Mitarbeiter ab, sagte Oliver Stettes, Leiter des Bereiches Arbeitsmarkt beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Arbeiten Beschäftigte im Team, könne das Homeoffice eines einzelnen Mitarbeiters durchaus problematisch sein. Zudem müsse dem Arbeitnehmer klar sein, dass er die strikte Trennung zwischen Arbeit und Beruf aufhebt. Das bedeute, dass durchaus mal ein dringender Anruf von der Firma kommen könne, wenn man eigentlich die Mathearbeit mit dem Sohn durchgeht. Die Führungskraft gibt dem Arbeitnehmer Vertrauen - dieser müsse damit umgehen können und die Verantwortung für das Ergebnis seiner Arbeit tragen. Das Homeoffice könnte laut Stettes auch Neiddebatten in Unternehmen auslösen, wenn beispielsweise die Arbeiter produktionsbedingt in die Firma kommen müssen, die Kollegen aus dem Büro aber zu Hause bleiben dürfen. «Am Ende gibt es keine klare Ansage, ob es Sinn macht», sagt Stettes. Der Einzelfall müsse abgewägt werden. Einen gesetzlichen Anspruch aufs Homeoffice lehnt Stettes genau wie zuletzt auch noch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ab. Lediglich zwölf Prozent der deutschen Arbeitnehmer arbeiten von zu Hause aus, sagte Karl Brenke, Vorstandsreferent des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Deutschland spielt damit im unteren Mittelfeld und liegt weit hinter Ländern wie dem Vereinigtem Königreich, den Niederlanden oder den skandinavischen Staaten. Bei immerhin 40 Prozent der Jobs in Deutschland wäre eine Arbeit von zu Hause aus möglich, so Brenke. Er vermutet, dass das Homeoffice bei vielen Führungskräften in Deutschland unbeliebt ist. Vor allem bei öffentlichen Arbeitgebern, Banken und Versicherungen sei der Unterschied zwischen Deutschland und Ländern wie den Niederlanden groß. Gleichzeitig sei Homeoffice in den Bereichen aber oft problemlos möglich. «Die einzige Erklärung ist, dass man in den Strukturen des Unternehmens Homeoffice nicht will», sagte Brenke. Die Meinungen, inwieweit diese Haltung gerechtfertigt ist, gehen allerdings auseinander. (Text: Simon Sachseder, dpa)